12a – Bewerbung für ein Recherchestipendium für bildende Kunst
von Lisa Holzer


Der folgende Text, der erste deutsche Teil, entstand im April 2021 für die Bewerbung für ein  Recherchestipendium für bildende Kunst in Berlin. Ich mochte den Text so gern, dass ich ihn mit dem englischen Zusatz auch als Kapitel 12a in den Text Und sie fällt uns dauernd runter / This one's about love, der für die Ausstellung What a beautiful idea you were bei NOUSMOULES c/o L'Etoile Endettée in Berlin entstanden ist, integriert habe. In meiner Ausstellung Eyes hold things differently bei Layr Coburgbastei im September in Wien, war er als Textbild zu sehen. Auch weil ich es schön fand einen Text, der um Verschwinden und Wegnehmen kreist, wiederholt vorkommen zu lassen, was auch der Grund dafür ist, dass er mittlerweile hier nun zum vierten Mal auftaucht. Dazu/Danach oder angehängt ein zu dunkles und ein zu helles, negatives Bild der Arbeit No love is left in the eyes or on the floor aus der Ausstellung Eyes hold things differently.



      Wegnehmen und Verschwinden sind Begriffe, die beide nach ihrem Auftreten nichts stehen lassen oder zumindest wäre nach ihnen weniger als zuvor. Sie beschreiben verwandte Bewegungen/Gesten.

     In letzter Zeit sind mir unterschiedliche Register des Verschwindens und Wegnehmens aufgefallen. Das mögliche Verschwinden ursprünglicher Motive im Photoshop. Das kurze Verschwinden Josef Straus während eines Zoom Talks in Düsseldorf. Das Verschwinden eines männlichen Modells im Grau nach dem Vorführen von T-Shirts mit Lacan Texten online. Das Verschwinden des Subjekts in einer Liebesbeziehung. Oder die Subjektfinsternis besteht darin, dass das Subjekt verschwindet. Das plötzliche Verschwinden (nach plötzlichem Auftauchen) von Bubble Tea Joints. Oder hätte man zu einem gewissen Zeitpunkt in ihnen verschwinden können?

      Wegnehmen/Übernehmen von Entscheidungen durch Algorithmen. Etwas von sich wegnehmen/nicht zeigen, um nicht erkannt zu werden. Auch unbewußtes Nutzen männlicher Privilegien nimmt Frauen etwas weg. Wenn man alles weggenommen hat, liegt dann nichts mehr im Weg?

     Verschwinden mag passiver sein als Wegnehmen. Wann verschwindet etwas/jemand absichtlich? Warum? Und braucht es eine Tür? Ist einem immer bewußt, wenn man jemand anderem etwas wegnimmt? Etwas wegnehmen und zum Verschwinden bringen bedeutet Macht. Was bedeutet weg? Wo beginnt Verschwinden? Wann hört Wegnehmen auf? Was fehlt? Beide Begriffe bewegen sich an Rändern.

      Fotografie beschreibt ein Verhältnis zwischen Licht und Verspätung, die beide keinen guten oder greifbaren Partner abgeben. Man kann sie als Figur der Negativität oder Medium der Aufhebung lesen. Ich bin nicht da. Ich habe keine Ahnung wie's dir geht. Wegnehmen und Verschwinden und ihre Beziehung zu Fehlen/Verlust oder zu Begehren/Verschlingen. Oder: Was willst du?

      Mittels Text und Fotografie möchte ich über diese beiden Begriffe nachdenken und sie beschreibend einkreisen.

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      When Z was a baby I took his fingers or toes in my mouth and bit his nails when they got too long.

      A lap disappears when one stands up.